Weihnachtskrimi (2012)

28. November 2013 at 23:29 (Weihnachtskrimi) (, , , , , , , )

Die Vollversion des im Advent 2012 veröffentlichten 24-teiligen Weihnachtskrimis.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Wenn es ein amerikanischer Film wäre, würden sich die uniformierten Polizisten gerade mit den gelben Absperrbändern mit der Aufschrift „CRIME SCENE DO NOT CROSS“ zu schaffen machen – niemand sollte sehen dürfen, was sich an jenem Weihnachtstag, der so ruhig und friedlich mit Kinderlachen und ein paar Schneeflocken begonnen hatte, hinter den Mauern meines trauten Heimes zugetragen hat.

Leider handelte es sich nicht um einen amerikanischen Film, den ich karamellisiertes Popcorn knabbernd an jenem Wintertag gespannt genießen konnte: Diesmal waren nicht ein finsterer Gauner oder ein grimmiger Fiesling der Täter, denen man es schon auf den ersten Blick ansah, dass sie nichts Gutes im Schilde führen konnten; und da meine Familie sich weder einen Gärtner noch einen Butler leisten konnte, fielen die üblichen Verdächtigen auch weg.

Diesmal war ich die Hauptverdächtige: In der Nachbarschaft bekannt und bewundert als liebevolle Ehefrau und Mutter, geschätzte Ansprechpartnerin bei schwierigen Kochrezepten, angesehene Gastgeberin von Partys, die vom Schuhe abstreifen bis zum letzten Händedruck vor dem Heimgehen perfekt durchgeplant waren und auch hier und da in Fragen der Kindererziehung als kompetente Ratgeberin aufgesucht, stellte ich für jede Person, die mit mir in Berührung kam, eine Art Göttin dar.

Ich hatte mir dazu auch diese charmante Art mit den Schultern alles Lob wegzuzucken angelegt – wenn ich auch zehn Stunden in der Küche gestanden war und knapp vor dem Nervenzusammenbruch gewesen war, ehe die Makronen die perfekte Konsistenz und Farbe hatten und sich endlich in einer Art und Weise vom Backblech ablösten, die mich nicht wütende Tränen des Zorns vergießen ließen – ich zuckte das Lob mit einem: „Ach, so viel Aufwand war es ja gar nicht“ weg und überließ das Publikum meines kleinen Selbstinszenierungstheaters dem schieren Grauen vor der unerreichbaren Perfektion.

Vielleicht war mir dieses ganze Theater einfach zu viel geworden und das führte dazu, dass ich die Kontrolle über das Geschehen verlor – ich meine, den perfekten Haushalt zu führen ist eine Sache, aber dabei noch eine Figur und ein jugendliches Aussehen zu bewahren, das sich selbst amerikanische Sternchen am Pophimmel trotz Fitnessprogramm und plastischer Chirurgie nur erträumen konnten, das war bei weitem keine einfache Aufgabe, wenn ich nun doch ehrlich mit Ihnen sein darf.

„Kommandant Steve, Kommandant Bob, ich versichere Ihnen, es ist nicht so wie es aussieht“, versuchte ich die beiden Uniformierten, die mir den Weg verstellten, zu beschwichtigen – „mein Mann wird in wenigen Minuten nach Hause kommen und dieses schreckliche Missverständnis aufklären“, fuhr ich fort und fühlte erstmals die Angst vor den Konsequenzen meiner Verfehlung in mir aufflackern.
Die beiden warfen einander skeptische Blicke zu und der Jüngere der beiden duzte mich frech: „Egal welche Ausrede du hast, wir müssen dir trotzdem Handschellen anlegen“, während der zweite nur nickte und mich so streng ansah, dass ich keinen Widerspruch zu erheben wagte.

Bereitwillig verschränkte ich also meine Arme hinter dem Rücken und lauschte dem Klicken der zuschnappenden Handschellen, die sich nicht so kalt um meine Handgelenke schmiegen hätten dürfen – das einzige kühle Metall, das just zu dieser Tageszeit, kurz vor dem weihnachtlichen Festessen, meine Hände berühren hätte dürfen, wäre der Teelöffel gewesen, mit dem ich einen Tropfen der Bratensauce zum Abschmecken an die Lippen geführt hätte.

Zumindest konnte ich dankbar dafür sein, dass der Aufmarsch der gesamten Verwandtschaft, mit Großeltern, Tanten, Onkeln, Kindern, Hunden, Puppen und Kuscheltieren erst für morgen bestellt war – was wäre das für eine Katastrophe gewesen, wenn diese auch noch in das Chaos in meinem einst so friedlichen Haus hineingestolpert wären und nicht auszudenken, was passieren würde, wenn sie sich alle gegen mich verbündeten.
Ich sah die schadenfrohen Blicke mancher Verwandter schon vor mir, die sich dachten: „Na, jetzt ist es in ihrer Familie auch passiert – so perfekt ist sie also doch nicht“ und vor sich hinlächelten, während meine heile Welt zu einem Tannennadelhaufen unter dem Christbaum zerbröselte.

Doch das Schlimmste daran war, dass ich meinen Kindern dieses Weihnachten verdarb und wohl auch jedes kommende, denn Kinderseelen vergaßen Verletzungen langsamer als der sprichwörtliche Elefant und vielleicht würden sie, auch wenn sie selbst schon Kinder hatten, stets schmerzerfüllt an jenes Weihnachtsfest zurückdenken, an dem ihre Mutter einen Fehler begangen hatte.
Es war alles ganz anders geplant gewesen: Ich schickte die Kinder spielen, ließ sie laut Musik hören, gab ihnen ausnahmsweise ihre Lieblingsschokoladenkekse mit aufs Zimmer und betete, dass sie so von den Geschehnissen im Wohnzimmer abgelenkt sein würden und nichts mitbekämen – aber nun war es unvermeidlich, dass sie erfuhren, was ich mit ihrem Vater getan hatte.

Meine Hoffnung, die Polizisten doch noch auf eine falsche Fährte locken zu können, war jedenfalls dahin – die Aussage, dass mein Mann bald nach Hause käme war ein viel zu unsinniges Ablenkungsmanöver und die beiden wussten genau so gut wie ich, dass es ein Weihnachtswunder wäre, wenn er tatsächlich bei der Haustür hereinspaziert käme.

Ich war knapp davor alles zu gestehen, als der ältere der beiden Polizisten zu einer Klärung des Tatbestandes ansetzte und mich beim Verhör ebenso wie zuvor sein jüngerer Kollege duzte: „Was du gemacht hast, ist Hochverrat, ein Verbrechen – ich weiß nicht, warum du es nicht viel früher gestanden hast, wir sind doch keine Idioten!“
„Verzeihen Sie, meine Herren,“ begann ich und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu bleiben, „aber glauben Sie, es war einfach, all die Jahre durchzuhalten und die wahren Tatsachen zu verschleiern und das nur, damit meine Kinder noch ein bisschen länger Kind sein durften?“
Der ältere der beiden Polizisten übernahm wieder das Wort: „Wie meinst du das, du beschützt deine Kinder doch nicht, wenn du so etwas tust und dann auch noch versuchst, es zu verheimlichen?“

Ich seufzte tief, denn nun mussten nicht nur meine Kinder erwachsen werden, sondern auch ich – ich hatte stets mitgefiebert, wenn auf wundersame Weise der vom Weihnachtsmann gebrachte und geschmückte und mit Geschenken bestückte Christbaum in einer unbewachten Minute im Wohnzimmer erschien; und ich hatte mich stets wie eine Schneekönigin gefreut, wenn die Kinder jubelnd ihre Geschenke auspackten und riefen: „Das ist genau das, was ich mir vom Weihnachtsmann gewünscht habe!“

„Naja, ich dachte, ich würde meinen Kindern damit einen Gefallen tun –“, setzte ich an, doch wegen eines plötzlichen heftigen Polterns an der Tür wurde ich jäh unterbrochen und mir blieb das Herz fast stehen, als eine tiefe, vertraute Stimme, die auch nach all den Jahren immer noch veranlasste, dass mir wohlig warm ums Herz wurde, an der Tür erst meinen Namen rief und dann jene der Kinder, während eine starke Hand an der von innen versperrten Türe rüttelte.

Der jüngere der Polizisten lief eifrig zur Tür und hätte sich fast verbeugt, als mein Mann in Uniform und schneebedeckten Schuhen eintrat und die beiden jungen Kollegen mit einem Tipp an seine Mütze begrüßte – nun war also auch noch der dienstälteste Polizist unseres kleinen Dörfchens eingetrudelt.

Ich zuckte ein wenig zusammen, als ich dabei zusehen musste, wie sich all der Schneematsch mit jedem Schritt meines Mannes auf meinem eben erst aus der Reinigung geholten Teppich verteilte und braune Schmelzwasserspuren hinterließ – aber es war nicht der richtige Zeitpunkt, dieses ärgerliche Faktum anzusprechen, denn ich stand dem Wunder, das mein und unser aller Weihnachten retten konnte, zum Greifen nahe, wenn nur mein Mann sich richtig verhielt und ich biss mir vor Wut auf die Lippen, weil ich nicht wusste, wie ich ihm unauffällig einen Hinweis geben könnte.

Noch heftiger zuckte ich zusammen, als mein Mann nicht lange um den heißen Brei herumredete oder versuchte, seine jungen Kollegen in die Schranken zu weisen – vielleicht war er doch nicht auf meiner Seite, wie ich immer gedacht hatte; vielleicht machte es ihm nichts aus, wenn ich hier als elende Lügnerin hingestellt wurde.

Anstatt vom Thema abzulenken oder seinen eigenen Anteil an unserer Schuld einzugestehen, sagte er bloß: „Ich habe einen anonymen Hinweis bekommen, dass meine Frau den Weihnachtsmann gefangen gehalten hat, deswegen bin ich gleich hierhergekommen – aber wie ich sehe, haben Sie die Situation bestens im Griff – Respekt, Kommandanten Steve und Bob!“
„Aber sie hat den Weihnachtsmann geküsst und geherzt, so als würden sie sich schon ewig kennen“, begann Kommandant Bob plötzlich zu schluchzen – mir war übrigens auch zum Weinen zumute, und nicht nur, weil ich aus der Küche einen Duft nach verbranntem Braten erahnen konnte – und Kommandant Steve sah meinen Mann mit angsterfüllten Augen an und fragte: „Stört dich das denn gar nicht?“
„Aber nein“, schmunzelte mein Mann, „wir kennen den guten Herrn tatsächlich schon sehr lange und er ist immer ausgesprochen einsam – da ist es schon okay, wenn eure Mutter ihn einmal im Jahr ein bisschen tröstet – “ und bevor er noch zu Ende gesprochen hatte, schlossen mich meine beiden abenteuerlustigen kleinen Verkleidungskünstler versöhnlich in die Arme und ich zwinkerte meinem Mann zu, glücklich darüber, dass er und ich noch ein weiteres Jahr lang dem Weihnachtsmann dabei helfen konnten, unseren Söhnen ein fröhliches Fest zu bescheren.

Permalink Kommentar verfassen

Weihnachtskrimi: Teil 24

24. Dezember 2012 at 08:00 (Weihnachtskrimi) (, , , , , )

Beim folgenden Text handelt es sich um den letzten Teil einer Fortsetzungsgeschichte. Bitte bei Teil 1 zu lesen beginnen.

„Aber nein“, schmunzelte mein Mann, „wir kennen den guten Herrn tatsächlich schon sehr lange und er ist immer ausgesprochen einsam – da ist es schon okay, wenn eure Mutter ihn einmal im Jahr ein bisschen tröstet – “ und bevor er noch zu Ende gesprochen hatte, schlossen mich meine beiden abenteuerlustigen kleinen Verkleidungskünstler versöhnlich in die Arme und ich zwinkerte meinem Mann zu, glücklich darüber, dass er und ich noch ein weiteres Jahr lang dem Weihnachtsmann dabei helfen konnten, unseren Söhnen ein fröhliches Fest zu bescheren.

Permalink Kommentar verfassen

Weihnachtskrimi: Teil 23

23. Dezember 2012 at 08:00 (Weihnachtskrimi) (, , , )

Beim folgenden Text handelt es sich um eine Fortsetzungsgeschichte. Bitte bei Teil 1 zu lesen beginnen.

„Aber sie hat den Weihnachtsmann geküsst und geherzt, so als würden sie sich schon ewig kennen“, begann Kommandant Bob plötzlich zu schluchzen – mir war übrigens auch zum Weinen zumute, und nicht nur, weil ich aus der Küche einen Duft nach verbranntem Braten erahnen konnte – und Kommandant Steve sah meinen Mann mit angsterfüllten Augen an und fragte: „Stört dich das denn gar nicht?“

Permalink Kommentar verfassen

Weihnachtskrimi: Teil 22

22. Dezember 2012 at 08:00 (Weihnachtskrimi) (, , , )

Beim folgenden Text handelt es sich um eine Fortsetzungsgeschichte. Bitte bei Teil 1 zu lesen beginnen.

Anstatt vom Thema abzulenken oder seinen eigenen Anteil an unserer Schuld einzugestehen, sagte er bloß: „Ich habe einen anonymen Hinweis bekommen, dass meine Frau den Weihnachtsmann gefangen gehalten hat, deswegen bin ich gleich hierhergekommen – aber wie ich sehe, haben Sie die Situation bestens im Griff – Respekt, Kommandanten Steve und Bob!“

Permalink Kommentar verfassen

Weihnachtskrimi: Teil 21

21. Dezember 2012 at 08:00 (Weihnachtskrimi) (, , )

Beim folgenden Text handelt es sich um eine Fortsetzungsgeschichte. Bitte bei Teil 1 zu lesen beginnen.

Noch heftiger zuckte ich zusammen, als mein Mann nicht lange um den heißen Brei herumredete oder versuchte, seine jungen Kollegen in die Schranken zu weisen – vielleicht war er doch nicht auf meiner Seite, wie ich immer gedacht hatte; vielleicht machte es ihm nichts aus, wenn ich hier als elende Lügnerin hingestellt wurde.

Permalink Kommentar verfassen

Weihnachtskrimi: Teil 20

20. Dezember 2012 at 08:00 (Weihnachtskrimi) (, , , )

Beim folgenden Text handelt es sich um eine Fortsetzungsgeschichte. Bitte bei Teil 1 zu lesen beginnen.

Ich zuckte ein wenig zusammen, als ich dabei zusehen musste, wie sich all der Schneematsch mit jedem Schritt meines Mannes auf meinem eben erst aus der Reinigung geholten Teppich verteilte und braune Schmelzwasserspuren hinterließ – aber es war nicht der richtige Zeitpunkt, dieses ärgerliche Faktum anzusprechen, denn ich stand dem Wunder, das mein und unser aller Weihnachten retten konnte, zum Greifen nahe, wenn nur mein Mann sich richtig verhielt und ich biss mir vor Wut auf die Lippen, weil ich nicht wusste, wie ich ihm unauffällig einen Hinweis geben könnte.

Permalink Kommentar verfassen

Weihnachtskrimi: Teil 19

19. Dezember 2012 at 08:00 (Weihnachtskrimi) (, , )

Beim folgenden Text handelt es sich um eine Fortsetzungsgeschichte. Bitte bei Teil 1 zu lesen beginnen.

Der jüngere der Polizisten lief eifrig zur Tür und hätte sich fast verbeugt, als mein Mann in Uniform und schneebedeckten Schuhen eintrat und die beiden jungen Kollegen mit einem Tipp an seine Mütze begrüßte – nun war also auch noch der dienstälteste Polizist unseres kleinen Dörfchens eingetrudelt.

Permalink Kommentar verfassen

Weihnachtskrimi: Teil 18

18. Dezember 2012 at 08:00 (Weihnachtskrimi) (, , , )

Beim folgenden Text handelt es sich um eine Fortsetzungsgeschichte. Bitte bei Teil 1 zu lesen beginnen.

„Naja, ich dachte, ich würde meinen Kindern damit einen Gefallen tun –“, setzte ich an, doch wegen eines plötzlichen heftigen Polterns an der Tür wurde ich jäh unterbrochen und mir blieb das Herz fast stehen, als eine tiefe, vertraute Stimme, die auch nach all den Jahren immer noch veranlasste, dass mir wohlig warm ums Herz wurde, an der Tür erst meinen Namen rief und dann jene der Kinder, während eine starke Hand an der von innen versperrten Türe rüttelte.

Permalink Kommentar verfassen

Weihnachtskrimi: Teil 17

17. Dezember 2012 at 08:00 (Weihnachtskrimi) (, , , )

Beim folgenden Text handelt es sich um eine Fortsetzungsgeschichte. Bitte bei Teil 1 zu lesen beginnen.

Ich seufzte tief, denn nun mussten nicht nur meine Kinder erwachsen werden, sondern auch ich – ich hatte stets mitgefiebert, wenn auf wundersame Weise der vom Weihnachtsmann gebrachte und geschmückte und mit Geschenken bestückte Christbaum in einer unbewachten Minute im Wohnzimmer erschien; und ich hatte mich stets wie eine Schneekönigin gefreut, wenn die Kinder jubelnd ihre Geschenke auspackten und riefen: „Das ist genau das, was ich mir vom Weihnachtsmann gewünscht habe!“

Permalink Kommentar verfassen

Weihnachtskrimi: Teil 16

16. Dezember 2012 at 08:00 (Weihnachtskrimi) (, , , )

Beim folgenden Text handelt es sich um eine Fortsetzungsgeschichte. Bitte bei Teil 1 zu lesen beginnen.

Der ältere der beiden Polizisten übernahm wieder das Wort: „Wie meinst du das, du beschützt deine Kinder doch nicht, wenn du so etwas tust und dann auch noch versuchst, es zu verheimlichen?“

Permalink Kommentar verfassen

Next page »